Die Anfänger der Ballonfahrerei

Die Ballonfahrt ist nun über 230 Jahre alt, also weit älter als das Automobil, das in 2011 gerade einmal seinen 125. Geburtstag feiert.
Im Jahre 1783 erfanden die Gebrüder Joseph und Étienne Montgolfier, die in Annonay, südlich von Lyon eine gutgehende Papierfabrik betrieben, den Heissluftballon
Der Volksmund überliefert zwei Versionen, wie Joseph angeblich auf das Prinzip “leichter als Luft” gekommen sei.
Die Einen erzählen, er habe beobachtet wie der zum Trocknen vor dem Kamin hängende Unterrock seiner Frau von der aufsteigenden warmen Luft in die Höhe emporgetragen wurde.
Andere Zeitgenossen berichten, er wollte eine leere Papiertüte im Kaminfeuer verbrennen. Als er sie aber in den Kamin warf, stieg sie jedoch ohne Feuer zu fangen in den Schornstein hinauf.
Beide Versionen dürften jedoch ins Reich der Fabel gehören. Schon im Jahre 1782 experimentierte Joseph mit Papierkugeln, die er mit dem gerade entdeckten Gas, das 14 mal leichter ist als Luft, dem Phlogiston, füllte. Wir nennen das Phlogiston heute Wasserstoff. Die Versuche schlugen jedoch fehl, da sich der Wasserstoff zu schnell verflüchtigte. Aber Joseph gab nicht auf. Er suchte nach einem anderen Gas, ebenfalls leichter als Luft, das sich aber nicht so schnell verflüchtigt. Er glaubte, dieses Gas im Rauch gefunden zu haben. Er begriff nicht, dass die Wärme des Rauches die Luft zum Ausdehnen und damit zum Aufsteigen bringt. Er war der festen Überzeugung, dass die Tragkraft des Rauches um so grösser ist, je übelriechender dieser ist. Deshalb verwendete er zum Heizen eine Mischung aus feuchtem Stroh und klein geschnittener Wolle, was einen vielversprechend stinkenden Rauch erzeugte.
Nach einigen erfolgreich durchgeführten Experimenten bauten die Brüder im Juni 1783 ihren bisher grössten Ballon, der ein Volumen von 625 m³ und einen Umfang von 33,5 m hatte. Die Hülle bestand aus Leinen, die zum Abdichten mit Papier ausgeschlagen war. Sie luden die Bevölkerung und die Vertreter der Landesstände zu einem Feld bei Annonay ein. Der Aufstieg wurde ein voller Erfolg. Die Menge staunte, als sich der Ballon bis zu einer Höhe von etwa
2000 m Höhe in die Lüfte erhob, dort etwa zehn Minuten elegant schwebte, um dann langsam wieder zu sinken und zirka 2 Kilometer entfernt sanft zur Erde zurückzukehren.
Die Nachricht von diesem geglückten Experiment in der Provinz erreichte bald die Hauptstadt Paris. Der junge Professor César Charles bot der Akademie der Wissenschaften an, das Experiment in der Hauptstadt zu wiederholen. Er nahm jedoch an, dass die Brüder Montgolfier ihren Ballon mit Wasserstoff gefüllt hatten und machte sich daran, den Gasballon zu erfinden. Die Herstellung des Wasserstoffes gestaltete sich jedoch schwieriger als er angenommen hatte, so dass sich sein erster Start bis zum 27. August hinauszog. Die Bevölkerung strömte zum Marsfeld, um dem ersten Start eines Ballons in Paris beizuwohnen. Der Start gelang und in Paris brach das Ballonfieber aus. Ein wahrer Wettstreit begann. Die Brüder Montgolfier wurden nach Paris geladen, um ihren Ballon vorzuführen.
Am 19. September erhob sich ihr Ballon vor den Augen des Königs und einer grossen Menschenmasse mit den ersten lebenden Luftpassagieren, einem Schaf, einem Hahn und einer Ente, in die Luft. Die Tiere waren in einem Weidenkorb, der unterhalb der Hülle hing, untergebracht. Der Ballon stieg auf ca. 560 m Höhe und landete nach etwa acht Minuten nach einer Fahrt von ungefähr 4 Kilometern. Das Schaf und die Ente waren unversehrt, lediglich der Hahn hatte einen verletzten Flügel. Die Vorhersage der Wissenschaftler, dass den Tieren die Lunge platzen würde, wenn sie in die dünnere Luft aufstiegen, hatte sich nicht bestätigt.
Der König war von diesem Versuch sehr angetan. Als Etienne Montgolfier aber seine Absicht bekanntgab, er wolle einen Ballon für Menschen bauen, meinte der König, dass ein zum Tode verurteilter Verbrecher die erste Versuchsfahrt machen müsse. Wenn dieser heil landen würde, würde er begnadigt. Der Adel war über diese Idee bestürzt. Es könne doch nicht angehen, dass der Ruhm, der erste Luftfahrer der Welt zu sein, ein Schwerverbrecher einheimsen dürfe. Dieser Ruhm stünde nur einem Adligen zu. Der König liess sich überreden und so stiegen am 21. November 1783 die ersten Aeronauten, Pilatre de Rozier und der Marquis Francois d´Arlandes im Park des Schlosses la Muette mit einem wundervollen Ballon auf. Die Gondel unter der Hülle war eine Galerie aus Weidengeflecht in dessen Mitte ein Eisenkessel an Ketten hing, damit die Aeronauten während der Fahrt weiter heizen konnten. Diese erste Heissluftballonfahrt wurde ein voller Erfolg. Der Ballon legte bis zur Landung acht Kilometer zurück. Die bemannte Ballonfahrt hatte begonnen!
 
* beide Bilder wurden dem Buch “Die Ballonfahrer” von Donald D. Jackson aus der Reihe der Time-Life Bücher, Amsterdam, entnommen